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03. Juli 2024 | Kein grünes Licht für den „Synodalen Ausschuss“

Die Gemeinsame Presseerklärung vom 28. Juni 2024 und ihre Folgen | Download Dokument


Autor: Prof. em. Dr. Heribert Hallermann

Eine Presseerklärung oder Pressemitteilung ist weder ein Verlaufs- noch ein Ergebnisprotokoll; sie ist weder eine objektive Darstellung von Fakten noch ist sie ein belastbares Rechtsdokument. Sie ist vielmehr ein gezielt eingesetztes Instrument der interessengeleiteten Öffentlichkeitsarbeit einer Institution, eines Unternehmens, einer Organisation, eines Vereins, einer Behörde oder einer Persönlichkeit des öffentlichen Lebens oder öffentlichen Interesses und insofern in der Regel einseitig. Wenn aber zwei Institutionen oder Organisationen im Anschluss an ein mehr oder weniger strittiges Gespräch oder eine entsprechende Verhandlung eine gemeinsame Presseerklärung herausgeben, dann handelt es sich notwendigerweise immer um ein untereinander abgestimmtes Kompromisspapier: Legitimerweise ist schließlich jede der beiden beteiligten Seiten daran interessiert, in der Öffentlichkeit möglichst gut dazustehen. Jede der beiden Seiten will in die Öffentlichkeit hinein vermitteln, dass die jeweils eigenen Anliegen gegenüber den Gesprächs- oder Streitpartnern glaubwürdig, effektiv, überzeugend und wirksam vertreten wurden. Insofern ist es auch von großem Belang, wenn in einer gemeinsamen Presseerklärung Ergebnisse mitgeteilt werden – seien diese nun gemeinsam erzielt worden oder seien sie von einer Seite als notwendig und unhintergehbar durchgesetzt worden.

1     Eine gemeinsame Presseerklärung

Am 28. Juni 2024 war – nach dem erstmaligen Zusammentreffen am 22. März 2024[1] – zum zweiten Mal eine Delegation der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) im Vatikan mit hochrangigen Vertretern der Römischen Kurie zusammengetroffen. Seitens der Römischen Kurie haben die Kardinäle Victor Fernandez, Kurt Koch, Pietro Parolin, Robert Prevost und Arthur Roche sowie Erzbischof Filippo Iannone an dem Gespräch teilgenommen; zur Delegation der DBK gehörten die Bischöfe Georg Bätzing, Stephan Ackermann, Bertram Meier und Franz-Josef Overbeck; ferner waren die Generalsekretärin der DBK, Beate Gilles, und der Pressesprecher der DBK, Matthias Kopp, anwesend.[2] Im Anschluss an dieses Treffen wurde eine „Gemeinsame Presseerklärung des Heiligen Stuhls und der Deutschen Bischofskonferenz zu den Gesprächen am 28. Juni 2024“[3] veröffentlicht.

Es war vermutlich die Aufgabe des Pressesprechers der DBK, gemeinsam mit dem Pressesaal des Heiligen Stuhls diese Gemeinsame Presseerklärung auszuarbeiten und zu verhandeln; dabei wird man ihm die erforderliche Professionalität ohne Weiteres unterstellen können. Umso erstaunlicher ist, dass diese Presseerklärung im Sinne eines Gesprächsergebnisses einige Punkte enthält, die namentlich für den Vorsitzenden der DBK, Bischof Georg Bätzing, der zugleich Co-Präsident des sogenannten „Synodalen Weges“ sowie ein vehementer Promotor und Verfechter der Agenden und Beschlüsse dieses Gremiums ist, wenig schmeichelhaft sind. Daran ändert auch die einleitende Feststellung der Presseerklärung nichts, dass das ganztägige Gespräch erneut von einer positiven, offenen und konstruktiven Atmosphäre geprägt war.[4]

2     Eine gemeinsame Übereinkunft

Das beiderseitige Anliegen, Synodalität im Blick auf eine wirksamere Evangelisierung im Leben der Kirche zu stärken,[5] dürfte unbestritten sein, allerdings scheint es über den Weg dorthin und über die praktischen Konsequenzen, die aus diesem Anliegen zu ziehen sind, durchaus Meinungsunterschiede zu geben. So wird nämlich in der Gemeinsamen Presseerklärung als ein wohl einseitiger und ausdrücklicher Wunsch der Vertreter der Römischen Kurie festgehalten, dass verschiedene Aspekte des bisherigen Entwurfs für ein solches mögliches nationales synodales Gremium verändert werden müssen; zudem müsse dessen Bezeichnung verändert werden, sodass es künftig nicht mehr „Synodaler Rat“ heißt.

Hinsichtlich der Stellung dieses Gremiums wird hingegen als gemeinsame Übereinkunft festgehalten, dass es nicht über der Bischofskonferenz steht oder mit ihr gleichrangig ist.[6] Mit anderen Worten: Das unterschiedslos gemeinsame Beraten und Entscheiden, das von Vertreterinnen und Vertretern des „Synodalen Weges“ wie auch von verschiedenen deutschen Bischöfen stets als ein unverzichtbares und zentrales Anliegen vorgetragen wurde,[7] wird mit dem Heiligen Stuhl nicht zu realisieren sein. Mit dem genannten Wunsch – eigentlich handelt es sich um eine klare Forderung – halten die vier Kardinäle der Römischen Kurie strikt an der Position fest, die sie bereits in dem von Papst Franziskus approbierten Brief vom 16. Februar 2024 an den Vorsitzenden und die Mitglieder der DBK unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hatten: Demnach sei ein sogenannter „Synodaler Rat“ als ein Beratungs- und Beschlussorgan, das paritätisch über wesentliche Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft berät und Grundsatzentscheidungen von überdiözesaner Bedeutung zu pastoralen Planungen, Zukunftsfragen der Kirche sowie Finanz- und Haushaltsangelegenheiten der Kirche trifft, vom geltenden Kirchenrecht nicht vorgesehen und widerspräche diesem.[8] Aufgrund dieser gemeinsamen Übereinkunft zwischen den Vertretern der Römischen Kurie und der Delegation der DBK steht nun fest: Die vom „Synodalen Weg“ intendierten Gremien der Aufsicht und der Kontrolle über das Handeln der einzelnen Bischöfe sowie der Bischofskonferenz[9] werden mit der Römischen Kurie nicht zu realisieren sein.[10]

3     Eine notwendige Ergänzung

Zum Auftakt der zweiten Sitzung des „Synodalen Ausschusses“ hatte Bischof Georg Bätzing noch verkündet: „Der Synodale Ausschuss hat das Go des Kardinalstaatssekretärs und der beteiligten Kardinäle und wir können mit dem Statut, das wir erarbeitet haben, unterwegs sein. Was wollen Sie mehr?“[11] Nur zwei Wochen später ist gemäß der am 28. Juni 2024 getroffenen gemeinsamen Übereinkunft aus dem angeblich grünen Licht für den „Synodalen Ausschuss“ zumindest ein gelbes, wenn nicht sogar ein gelb-rotes Licht geworden: Die vom Synodalen Ausschuss eingerichtete Kommission, die sich mit den Fragestellungen zur Synodalität und zur Struktur eines synodalen Gremiums befassen soll, wird nämlich auf Wunsch des Vatikans eng mit einer entsprechenden Kommission zusammenarbeiten müssen, die sich aus Vertretern der zuständigen Dikasterien zusammensetzt; zudem erfordert jedes Ergebnis dieser Kommission die förmliche Approbation (recognitio) seitens des Heiligen Stuhls.[12] Folglich bedarf der Arbeitsauftrag der vom „Synodalen Ausschuss“ am 14./15. Juni 2024 eingerichteten Kommission I: „Synodalität als Strukturprinzip der Kirche und Ordnungen des Synodalen Rats“[13] vor dem Hintergrund dieser gemeinsamen Übereinkunft notwendig einer entsprechenden Ergänzung. Es kann nämlich nicht mehr einfach um eine bloße „Verständigung über den Begriff der Synodalität als Grundvollzug der Kirche unter Einbeziehung der Erfahrungen der Weltsynode“[14] innerhalb des Kreises der Kommissionsmitglieder, der Mitglieder des „Synodalen Ausschusses“ oder des „Synodalen Weges“ gehen, sondern jede mögliche Verständigung zu diesem Thema in bestimmten Kreisen oder im Gesamt der katholischen Kirche in Deutschland setzt entsprechend des am 28. Juni 2024 gemeinsam erzielten Ergebnisses vorgängig einen engen Arbeitskontakt mit der aus Vertretern der zuständigen Dikasterien zusammengesetzten römischen Kommission voraus und bedarf zudem einer förmlichen Approbation (recognitio) seitens des Heiligen Stuhls.[15]

4     Eine grundlegende Korrektur

Was in Hinblick auf das Gremium, das bislang als „Synodaler Rat“ geplant war, in der Gemeinsamen Presseerklärung als gemeinsame Übereinkunft festgehalten wird, hat nicht nur Auswirkungen auf die vom „Synodalen Ausschuss“ eingerichtete Kommission I, sondern auch auf die Kommission II, die sich unter der Kommissionsbezeichnung „Evaluation und Monitoring der Umsetzung der Beschlüsse des Synodalen Weges“ mit der „Vorbereitung einer Evaluation der Umsetzung der Beschlüsse der Synodalversammlung“[16] befassen soll. Dieser Arbeitsauftrag beruht auf dem Beschluss des Handlungstextes „Synodalität nachhaltig stärken“, der dem „Synodalen Ausschuss“ unter anderem die Aufgabe zugewiesen hatte „Er bereitet die Evaluation der Beschlüsse der Synodalversammlung vor und entwickelt diese fort.“[17]

Angesichts der – möglicherweise auch beabsichtigten – Unklarheiten im Arbeitsauftrag muss man sich zunächst fragen, was denn nun tatsächlich von der genannten Kommission geleistet werden soll: Der Begriff „Evaluation“ meint eine systematische und empirische Analyse zum Zweck der Bewertung und Modifikation und setzt sowohl eine hohe Fachlichkeit in der zu bewertenden Sache als auch entsprechende empirische Fähigkeiten voraus. Ein Blick in die Mitgliederliste dieser Kommission[18] lässt aber nicht erkennen, dass die Kommission in besonderer Weise mit der für die gute Erfüllung der Aufgabe erforderlichen Fachlichkeit und den dazu notwendigen spezifischen Fähigkeiten ausgestattet wäre. Mit „Monitoring“ wird eine Überwachung beziehungsweise kontinuierliche Beobachtung bezeichnet, bei der vorab bestimmte Parameter als wichtig oder auschlaggebend identifiziert wurden, so dass bei deren Erreichen geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden könnten. Mit „Umsetzung“ ist die rechtskräftige Verwirklichung oder Übernahme übergeordneter Richtlinien in die je eigene Rechtsordnung gemeint. Das alles bezieht sich auf die „Beschlüsse des Synodalen Weges“, die allerdings gemäß Art. 11 Abs. 1 der Satzung des Synodalen Weges (SaSW) weder Handlungsaufträge an irgendjemanden noch übergeordnete Richtlinien sind, sondern nichts anderes als eine abschließende Feststellung der Beratungsergebnisse der Synodalversammlung, die dementsprechend gemäß Art. 11 Abs. 5 SaSW auch von sich aus keine Rechtswirkung entfalten.[19] Dem entsprechend wird in Art. 7 Abs. 6 der Satzung des Synodalen Ausschusses (SaSynA) normiert: „Ergebnisse der Abstimmungen des Synodalen Ausschusses entfalten von sich aus keine Rechtswirkung. Im Übrigen gilt Art. 11 Abs. 5 Satz 2 SaSW.“[20] Und für den künftigen „Synodalen Rat“ soll unter anderem dieser „Eckpunkt“ gelten: „Die Beschlüsse des Synodalen Rates haben dieselbe rechtliche Wirkung wie die Beschlüsse der Synodalversammlung (Art. 11 Abs. 5 der Satzung des Synodalen Weges).“[21]

Was also soll die genannte Kommission II nun leisten? Soll sie die Evaluation und das Monitoring nur vorbereiten oder soll sie das selbst leisten? Welche der Beschlüsse der Synodalversammlung sollen dieser Art von systematisch-kritischer Betrachtung unterzogen werden, oder, anders gefragt: Welche der in den Beschlüssen genannten möglichen Adressaten – etwa Domkapitel, Bischöfe, der Heilige Stuhl – sollen im Widerspruch zu Art. 11 Abs. 5 SaSW daraufhin überprüft werden, ob ihr Handeln mit den Reformansprüchen des „Synodalen Weges“ konform geht oder nicht? Oder sollen Beschlüsse der Synodalversammlung von der Kommission II sogar fortentwickelt werden, und wenn ja, auf welchen theologischen und rechtlichen Grundlagen, in welcher Richtung und bis zu welchem Punkt? Die diesbezüglichen Erwartungen wird man nicht allzu hoch ansetzen dürfen, denn zu Beginn des zweiten Treffens des „Synodalen Ausschusses“ hatte Bischof Georg Bätzing mitgeteilt, beim Treffen von Vertretern der DBK mit Vertretern der Römischen Kurie im März 2024 habe man dort vermitteln können, dass der Synodale Ausschuss ein bloßes Arbeitsgremium sei;[22] der „Synodale Ausschuss“ wurde damit deutlich depotenziert.

Weil das alles unter dem längst noch nicht abschließend geklärten Anspruch der Synodalität entfaltet wird,[23] gilt auch für den Arbeitsauftrag an die genannte Kommission II des Synodalen Ausschusses als unverzichtbare Grundlage, dass gemäß der am 24. März 2024 zwischen Vertretern der DBK und dem Heiligen Stuhl erzielten Vereinbarung bei der beauftragten systematisch-kritischen Betrachtung Übereinstimmung mit der Ekklesiologie des Zweiten Vatikanischen Konzils, mit den Vorgaben des geltenden Kirchenrechts und mit den Ergebnissen der Weltsynode hergestellt werden muss.[24]

5     Ein Auftrag ohne Wirkung

Darüber hinaus ist auch zu fragen, ob nicht der Arbeitsauftrag an die Kommission II aufgrund von Art. 11 Abs. 5 SaSW grundlegend ins Leere geht und wirkungslos bleibt. Wenn nämlich Beschlüsse der Synodalversammlung nach Maßgabe der eigenen Satzung von sich aus keine Rechtswirkung entfalten, dann ist auch niemand dazu verpflichtet, die entsprechenden Beratungsergebnisse der Synodalversammlung in irgendeiner Weise rechtlich umzusetzen, sie also verbindlich in die eigene Rechtsordnung zu übernehmen. Eine Überprüfung der Umsetzung würde aber voraussetzen, dass aus einem Beschluss der Synodalversammlung eine ebensolche Verpflichtung erwächst. Und es würde weiter voraussetzen, dass den Überprüfenden bei nicht erfolgter Umsetzung – außer dem möglicherweise hervorgerufenen Druck der öffentlichen Meinung – irgendwelche rechtlichen Sanktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Wenn aber, was ausdrücklich als gemeinsame Übereinkunft des Gesprächs am 28. Juni 2024 festgehalten wurde, ein dem geplanten „Synodalen Rat“ vergleichbares Gremium weder der Bischofskonferenz rechtlich gleichgestellt noch dieser überordnet sein darf, dann ist auch genau diese Möglichkeit, gegebenenfalls zu sanktionieren, ausgeschlossen.

Obwohl nach Maßgabe der Satzung des „Synodalen Weges“ weder irgendein Bischof noch sonst eine kirchliche Autorität dazu verpflichtet ist, Beschlüsse der Synodalversammlung in der oben genannten Weise umzusetzen, kommt es immer wieder vor, dass einzelne Bischöfe in ihren Diözesen unter rechtfertigender Berufung auf einen Beschluss des „Synodalen Weges“ sogenannte „Reformen“ einführen,[25] die nicht selten mit der geltenden kirchlichen Rechtsordnung kollidieren oder dieser sogar widersprechen. Es wird spannend sein, zu sehen, ob in solchen Fällen die Kommission II bei ihrer Evaluation und ihrem Monitoring der Umsetzung von Beschlüssen aufgrund der am 28. Juni 2024 als unverzichtbare Grundlage gemeinsam festgehaltenen notwendigen Übereinstimmung mit der Ekklesiologie des Zweiten Vatikanischen Konzils und mit den Vorgaben des geltenden Kirchenrechts – die Ergebnisse der Weltsynode liegen noch nicht vor – gegebenenfalls eine Kollision oder einen Widerspruch zur theologischen oder rechtlichen Ordnung der Kirche geltend machen wird. Fraglos setzt die Wahrnehmung dieser Aufgabe eine spezifische theoretische und praktische Qualifikation im kanonischen Recht voraus, die unter den Mitgliedern der Kommission ebenfalls nicht auszumachen ist. Zudem ist auch hier die Frage nach der rechtlichen Wirkung eines eventuellen Ein- oder Widerspruchs zu stellen.

6     Eine Frage der Pluralität

In der Gemeinsamen Presseerklärung wird ebenfalls festgehalten, dass beim Treffen am 28. Juni 2024 auch die Frage einer künftigen Zusammensetzung der deutschen Delegation, die am Dialog zwischen den Vertretern der Römischen Kurie und der Deutschen Bischofskonferenz teilnimmt, erörtert wurde.[26] Die Ergebnisse dieser Erörterung wurden verständlicherweise jedoch nicht kommuniziert,[27] denn es geht – nicht nur – auch um den Persönlichkeitsschutz von betroffenen Personen. Die Tatsache jedoch, dass die personelle Zusammensetzung der Delegation der DBK erörtert wurde, weist darauf hin, dass es diesbezüglich Unzufriedenheit auf vatikanischer Seite gibt. Den Vertretern der Römischen Kurie dürfte nämlich nicht verborgen geblieben sein, dass es im Kreis der Mitglieder der DBK nicht nur eifrige Verfechter des „Synodalen Weges“ und seiner Beschlüsse gibt, sondern auch zurückhaltende, skeptische und ablehnende Stimmen. Insofern wird zu erwarten sein, dass die Delegation der DBK für das nächste Treffen mit den Vertretern der Römischen Kurie personell verändert werden wird.

Pluralität wahrzunehmen, anzuerkennen und zu leben gehört mit zu den großen Vorhaben des „Synodalen Weges“. So lautet etwa eine der Überschriften im beschlossenen Grundtext „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“ programmatisch und im Sinn der Selbstverpflichtung: „Wir wollen theologische Vielfalt in kirchlicher Einheit leben lernen. Pluralität als legitime Vielfalt verschiedener Kernüberzeugungen – auch innerkirchlich.“[28] Dieser Lernprozess könnte sich auch in der künftigen personellen Zusammensetzung der Delegation der DBK ausdrücken und in einem ersten und wichtigen Schritt realisieren.

7     Ein Fazit

An anderer Stelle wurde bereits ausführlich dargelegt, dass der „Synodale Weg“ rechtlich und strukturell auf sehr schwachen Füßen steht; er kann als tragende Basis nicht einmal die sprichwörtlichen „tönernen Füße“ vorweisen.[29] Diese kanonistisch gut begründete Kritik ist beim zweiten Treffen des „Synodalen Ausschusses“ vom Tübinger Kirchenrechtler Bernhard Sven Anuth in vollem Umfang bestätigt worden.[30] Es wird zwar berichtet, dass sein Vortrag und seine unmissverständliche Forderung, sich, was den geplanten „Synodalen Rat“ betreffe, endlich ehrlich zu machen, Unmut, verärgerte Widerreden und Einwürfe aus den Reihen des „Synodalen Ausschusses“ hervorgerufen habe;[31] es ist aber nicht berichtet worden, dass der „Synodale Ausschuss“ irgendwelche Konsequenzen aus den vorgetragenen zwingenden Argumenten gezogen hätte. Der Unwille der Synodalinnen und Synodalen, die Grundlagen des eigenen Handelns zu reflektieren und hinsichtlich der rechtlich-strukturellen Ebene Sicherheit zu gewinnen, scheint sehr ausgeprägt zu sein. Symptomatisch für diese Haltung scheint die folgende Äußerung eines Synodalen zu sein: „Wichtig ist, dass es jetzt weitergeht und dass wir einfach ans Arbeiten kommen. Bisher gab es nur die Debatte um Satzung und Geschäftsordnung. Jetzt sollte es wieder um die Inhalte gehen.“[32]

So verständlich dieser Wunsch nach einem pragmatischen Vorgehen auf dem „Synodalen Weg“ und nach einer möglichst raschen Verwirklichung der eigenen, vielfältig und ganz unterschiedlich motivierten Erwartungen und Reformvorstellungen der Synodalinnen und Synodalen auch ist: Die Gemeinsame Presseerklärung vom 28. Juni 2024 macht auf ihre Weise deutlich, dass es auch auf der inhaltlich-pragmatischen Ebene Unklarheiten und eine große Unsicherheit gibt. In Hinblick auf den „Synodalen Weg“ sind Ergänzungen, Korrekturen und Veränderungen nicht nur gewünscht, sondern notwendig.

Prof. em. Dr. Heribert Hallermann

 

[1] Vgl. hierzu DBK, Gemeinsame Presseerklärung des Heiligen Stuhls und der Deutschen Bischofskonferenz zu den Gesprächen am 22. März 2024. Pressemeldung Nr. 044 vom 22.03.2024: https://www.dbk.de/presse/aktuelles/meldung/gemeinsame-presseerklaerung-des-heiligen-stuhls-und-der-deutschen-bischofskonferenz-zu-den-gespraechen-am-22-maerz-2024. Vgl. auch Sala stampa della Santa Sede, Bollettino 28.06.2024, Comunicato congiunto della Santa Sede e della Conferenza Episcopale Tedesca, 28.06.2024: https://press.vatican.va/content/salastampa/it/bollettino/pubblico/2024/06/28/0540/01117.html [Zugriff: 29.06.2024].

[2] Vgl. KNA, Vatikan fordert Änderungen bei Entwurf für Synodalen Rat. Erneutes Gespräch zwischen DBK-Delegation und Kurienvertretern: https://www.katholisch.de/artikel/54379-vatikan-fordert-aenderungen-bei-entwurf-fuer-synodalen-rat vom 28.06.2024 [Zugriff: 29.06.2024].

[3] DBK, Gemeinsame Presseerklärung des Heiligen Stuhls und der Deutschen Bischofskonferenz zu den Gesprächen am 28. Juni 2024. Pressemeldung Nr. 111 vom 28.06.2024: https://www.dbk.de/presse/aktuelles/meldung/gemeinsame-presseerklaerung-des-heiligen-stuhls-und-der-deutschen-bischofskonferenz-zu-den-gespraechen-am-28-juni-2024 [Zugriff: 29.06.2024].

[4] Vgl. Gemeinsame Presseerklärung vom 28.06.2024 (Anm. 3).

[5] Vgl. ebd.

[6] Diese gemeinsame Übereinkunft scheint dem vom Synodalen Weg beschlossene Handlungstext „Synodalität nachhaltig stärken. Ein Synodaler Rat für die katholische Kirche in Deutschland“ (Sekretariat des Synodalen Weges (Hg.), Beschlüsse des Synodalen Weges der katholischen Kirche in Deutschland, Bonn 2023, 253-256) fundamental zu widersprechen.

[7] Vgl. Beschlüsse des Synodalen Weges (Anm. 6), 18, 24, 59, 111 sowie insbesondere Grundtext „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche. Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“, 65-114 sowie Handlungstext „Synodalität nachhaltig stärken. Ein Synodaler Rat für die katholische Kirche in Deutschland“, 253-256.

[8] Vgl. Brief des Kardinalstaatssekretärs, des Präfekten des Dikasteriums für die Glaubenslehre und des Präfekten des Dikasteriums für die Bischöfe vom 16.02.2024 an den Vorsitzenden und die Mitglieder der DBK: https://www.synodale-beitraege.de/de/ [Zugriff: 30.06.2024].

[9] Vgl. Beschlüsse des Synodalen Weges (Anm. 6), z.B. 95, 102, 110-111.

[10] Vgl. Guido Horst, Nun platzen die synodalen Seifenblasen. Wenn es keinen Synodalen Rat geben sollte, fehlt der Schlussstein und das deutsche Konstrukt wird in sich zusammenstürzen: https://www.die-tagespost.de/kirche/synodaler-weg/nun-platzen-die-synodalen-seifenblasen-art-252902 vom 29.06.2024 [Zugriff: 30.06.2024]: „Indem jetzt klar ist, dass es auch in Zukunft keinen Synodalen Rat oder ein ähnliches Gremium geben wird, das die Bischöfe von oben kontrolliert, ist der Schlussstein aus dem deutschen Konstrukt herausgefallen und die ganze Kuppel wird zusammenstürzen.“

[11] (cbr), Bischof Bätzing: Synodaler Ausschuss hat das Go des Vatikans. Zweite Sitzung des Synodalen Aus-schusses in Mainz eröffnet: https://www.katholisch.de/artikel/54011-bischof-baetzing-synodaler-ausschuss-hat-das-go-des-vatikans vom 14.06.2024 [Zugriff: 01.07.2024].

[12] Vgl. Gemeinsame Presseerklärung vom 28.06.2024 (Anm. 3). Vgl. auch KNA-Meldung vom 28.06.2024 (Anm. 2). Vgl. auch Ulrich Rhode, Art. Recognitio – Katholisch: LKRR Bd. 3, 841-843.

[13] Vgl. https://www.synodalerweg.de/synodaler-ausschuss [Zugriff: 29.06.2024].

[14] Vgl. ebd.

[15] Vgl. Gemeinsame Presseerklärung vom 28.06.2024 (Anm. 3).

[16] Vgl. https://www.synodalerweg.de/synodaler-ausschuss [Zugriff: 29.06.2024].

[17] Beschlüsse des Synodalen Weges (Anm. 6), 255.

[18] Vgl. https://www.synodalerweg.de/fileadmin/Synodalerweg/Dokumente_Reden_Beitraege/Synodaler-Ausschuss/2024-SW054a-Synodaler-Ausschuss-Kommissionen.pdf [Zugriff: 01.07.2024].

[19] Vgl. zum Synodalen Weg insgesamt und insbesondere zu seiner Satzung Heribert Hallermann, Der Synodale Weg im Spiegel seiner Satzung: KuR Bd. 26, 2020, Heft 2, 238-254.

[20] Satzung des Synodalen Ausschusses (SaSynA): https://www.synodalerweg.de/fileadmin/Synodalerweg/Dokumente_Reden_Beitraege/Synodaler-Ausschuss/Satzung-des-Synodalen-Ausschusses.pdf, 5 [Zugriff: 30.06.2024].

[21] Beschlüsse des Synodalen Weges (Anm. 6), 256.

[22] Vgl. Bätzing: Synodaler Ausschuss hat das Go des Vatikans (Anm. 11).

[23] Gemäß den Beschlüssen des Synodalen Weges (Anm. 6), 255 soll erst noch eine Verständigung über den Begriff der Synodalität als Grundvollzug der Kirche gesucht werden.

[24] Vgl. Gemeinsame Presseerklärung vom 28.06.2024 (Anm. 3).

[25] Vgl. beispielsweise etwa die Erteilung der generellen Tauferlaubnis für Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten in der Diözese Rottenburg-Stuttgart durch Dekret von Bischof Dr. Gebhard Fürst vom 1.11.2022, die im Widerspruch zu c. 861 § 2 CIC mit der Gleichberechtigung der nicht geweihten Seelsorgerinnen und Seelsorger begründet wird (https://www.drs.de/ansicht/artikel/ein-schritt-hin-zu-mehr-gleichberechtigung.html vom 13.0.2022 [Zugriff: 30.06.2022])  oder auch die Konstituierung eines neuen Synodalen Gremiums im Erzbistum München und Freising (https://www.katholisch.de/artikel/53446-synodales-gremium-im-erzbistum-muenchen-und-freising-nimmt-arbeit-auf vom 21.05.2024 [Zugriff: 30.06.2024]).

[26] Vgl. Gemeinsame Presseerklärung vom 28.06.2024 (Anm. 3).

[27] Vgl. KNA-Meldung vom 28.06.2024 (Anm. 2).

[28] Beschlüsse des Synodalen Weges (Anm. 6), 80.

[29] Vgl. Hallermann, Der Synodale Weg im Spiegel seiner Satzung (Anm. 18); ders., „Jesus hat keine Bischofskonferenz geschaffen“. Kirchenrechtliche Anfragen zum sogenannten „Synodalen Rat“: AfkKR 189 (2022), 76-102; ders., Ungeordnete Verhältnisse. Der „Synodale Ausschuss“ und seine Arbeitsweise: AfkKR 189 (2022), 146-155; ders., Weiter geht’s – wohin? Die Deutsche Bischofskonferenz und die Satzung des „synodalen Ausschusses“. Ein kirchenrechtlicher Kommentar, in: https://www.synodale-beitraege.de/de/weiter-gehts-wohin (10.01.2024).

[30] DT/dsc, Anuth: Ein Mitenscheiden wird es nicht geben: https://www.die-tagespost.de/kirche/synodaler-weg/anuth-ein-mitenscheiden-wird-es-nicht-geben-art-252369 vom 14.06.2024 [Zugriff: 01.07.2024].

[31] Vgl. ebd.

[32] Christoph Brüwer, Laien-Vertreter: Synodalen Ausschuss an der Basis besser vermitteln. Eichstätter Diözesanratsvorsitzender Christian Gärtner im Interview: https://www.katholisch.de/artikel/53939-laien-vertreter-synodalen-ausschuss-an-der-basis-besser-vermitteln vom 13.06.2024 [Zugriff: 01.07.2024].


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