18. Juni 2023 | Wie geht es mit dem Synodalen Weg in Deutschland weiter?
Autor: Domkapitular Prof. Dr. Josef Kreiml
Quelle: bistum-regensburg.de
Am 1. Juni 2023 hat katholisch.de gemeldet, dass die 27 deutschen Bischöfe beim nächsten Treffen in Berlin (Sitzung des Ständigen Rates) am 19. und 20. Juni 2023 wegweisende Entscheidungen treffen müssen. Es geht um die Einrichtung und Finanzierung des sog. „Synodalen Ausschusses“, der – laut „Beschluss“ des Synodalen Weges – 2026 in einen dauerhaften „Synodalen Rat“ münden soll.
Keine Kompetenz, einen Synodalen Rat einzurichten
Mit dem Schreiben von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin und zwei weiteren Kurienkardinälen vom 16. Januar 2023 hat der Vatikan eine Weisung erteilt, die den deutschen Bischöfen bei der letzten Vollversammlung des Synodalen Weges vom März 2023 eigentlich die Richtung hätte vorgeben müssen: Weder der Synodale Weg „noch ein von ihm eingesetztes Organ“ (d. h. der sog. Synodale Ausschuss) „noch eine Bischofskonferenz“ hat die Kompetenz, „den `Synodalen Rat´ auf nationaler, diözesaner oder pfarrlichen Ebene einzurichten“. Papst Franziskus hat dieses Schreiben in besonderer Weise bestätigt. Die Aufgabe, in Angelegenheiten des Glaubens und der Sitten das Volk Gottes zu leiten, kommt – so das Zweite Vatikanische Konzil – den Bischöfen zu. Schon im Juli 2022 hatte das vatikanische Staatssekretariat in einem Schreiben klargestellt, dass Bischöfe und Gläubige nicht auf „neue Formen der Leitung“ verpflichtet werden dürfen. Der Vatikan lehnt sowohl den Synodalen Ausschuss als auch den geplanten Synodalen Rat ab. Denn diese beiden Einrichtungen widersprechen dem Kirchenrecht sowie dem katholischen Verständnis des Bischofsamtes und der Synodalität.
Im Widerspruch zum Zweiten Vatikanischen Konzil
Vorarbeiten für einen „Synodalen Rat“ stehen im Widerspruch zu einer klaren Weisung des Vatikans. Diese beiden Einrichtungen (Synodaler Ausschuss und Synodaler Rat) basieren auf einem Verständnis von Synodalität, das sowohl dem Zweiten Vatikanischen Konzil als auch Papst Franziskus und dem Kirchenrecht entgegensteht. Als rein demokratisches Instrument würde ein „Synodaler Rat“ die Kompetenzen der Bischöfe und der Bischofskonferenz missachten. Das allgemeine Kirchenrecht und die Sakramentalität der Kirche finden dabei keine Beachtung. Der „Synodale Weg“ in Deutschland ist – so eine vatikanische Erklärung vom Sommer 2022 – „nicht befugt, die Bischöfe und die Gläubigen zur Annahme neuer Formen der Leitung und neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral zu verpflichten“. Ungeachtet dieser eindeutigen Stellungnahme des Heiligen Stuhls hat die Vollversammlung des „Synodalen Weges“ im Herbst 2022 einen Beschluss gefasst, „der sehr stark in die Formen der kirchlichen Leitung eingreift“ (Markus Graulich, Gut beraten oder auf dem falschen Weg?, in: Welt & Kirche vom 9. Februar 2023, S. 2).
Die Freiheit der Bischöfe muss gewahrt bleiben
Im Handlungstext „Synodalität nachhaltig stärken: Ein Synodaler Rat für die Katholische Kirche in Deutschland“ wurde von der Synodalversammlung in Frankfurt „die Errichtung eines Synodalen Rates spätestens bis März 2026“ beschlossen. In der Satzung des Synodalen Weges heißt es jedoch: „Beschlüsse der Synodalversammlung entfalten von sich aus keine Rechtskraft. Die Vollmacht der Bischofskonferenz und der einzelnen Diözesanbischöfe, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit Rechtsnormen zu erlassen und ihr Lehramt auszuüben, bleibt durch die Beschlüsse unberührt“ (Artikel 11,5 der Satzung des Synodalen Weges). Der problematische Handlungstext „Synodalität nachhaltig stärken“ fährt fort: „Zur Vorbereitung des Synodalen Rates wird von der Synodalversammlung ein Synodaler Ausschuss eingesetzt“ (mit 74 Mitgliedern). Wo bleibt dabei die satzungsgemäß garantierte Freiheit der Bischofskonferenz und der einzelnen Bischöfe, darüber zu entscheiden, ob sie sich an diesem Ausschuss und später am Synodalen Rat überhaupt beteiligen wollen?
Das Verständnis von Synodalität bei Papst Franziskus
Wie beim Synodalen Weg insgesamt findet auch hinsichtlich der Errichtung des Synodalen Ausschusses und des Synodalen Rates „eine merkwürdige und von der Verfassung der Kirche nicht gedeckte Gleichgewichtung von Bischofskonferenz und Zentralkomitee der deutschen Katholiken statt“ (Graulich, S. 3). Diese Gleichstellung „ist schon in sich nicht stimmig“ (ebd.). Nach dem beschlossenen Handlungstext sollen durch den Synodalen Ausschuss und später durch den Synodalen Rat „das Miteinander von Bischöfen und Gläubigen auf der überdiözesanen Ebene … zur ständigen Praxis“ (ebd.) werden. Der Begriff von Synodalität, der hier zugrunde gelegt ist, „entspricht weder dem des Kirchenrechts noch den Vorstellungen von Papst Franziskus“ (ebd.). Synodalität besteht nach Aussagen des Handlungstextes darin, gemeinsam zu beraten und zu entscheiden. „Aber das ist es gerade nicht, was Synodalität ausmacht“ (ebd.). Synodalität erfordert in Wirklichkeit „gemeinsame Beratungen (das über das Hören hinausgehende wechselseitige Zuhören, von dem Papst Franziskus immer spricht), lässt aber die Entscheidungen bei der zuständigen Autorität, d. h. den Bischöfen, der Bischofskonferenz oder dem Papst“ (Graulich, S. 3). Synodalität darf – so Papst Franziskus – nicht mit Demokratie verwechselt werden. Synodalversammlungen sind etwas anderes als ein Parlament.
Die sakramentale Verfassung der Kirche ist zu beachten
Nach dem Handlungstext „Synodalität nachhaltig stärken“ kommt dem Synodalen Ausschuss die Aufgabe zu, über jene für den Synodalen Weg von den Synodalforen vorbereiteten Texte zu entscheiden, die in der Synodalversammlung nicht mehr beschlossen werden konnten. Außerdem hat der Synodale Ausschuss bis 2026 die Errichtung des Synodalen Rats vorzubereiten, der zugleich als Beratungs- und Beschlussorgan „über wesentliche Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft“ vorgesehen ist und „auf dieser Basis Grundsatzentscheidungen von überdiözesaner Bedeutung zu pastoralen Planungen und Zukunftsfragen der Kirche, die nicht auf der diözesanen Ebene entschieden werden“, trifft. Damit ginge die Aufgabe des Synodalen Rates „noch über die Kompetenz der Bischofskonferenz hinaus“ (Graulich, S. 4). Das allgemeine Recht der Kirche, ihre sakramentale Verfassung und die ureigenen Aufgaben der Bischöfe würden hier auf der Strecke bleiben.
Die Bischöfe – bereits in die Dynamik der Synodalität eingebunden
Das Zweite Vatikanische Konzil und das geltende Kirchenrecht „haben die ordentliche und unmittelbare Vollmacht gestärkt, die zur Ausübung des Bischofsamtes erforderlich ist“ (Graulich, S. 4). Diese bischöfliche Vollmacht ist bereits in der gegenwärtigen kirchenrechtlichen Ordnung in die Dynamik der Synodalität eingebunden. Eine Umsetzung des Handlungstextes zum Synodalen Ausschuss und zum Synodalen Rat in der beschlossenen Form würde die Vollmacht der Bischöfe „auf eine Art und Weise einschränken, die weder mit dem katholischen Verständnis des Bischofsamtes noch mit dem Kirchenrecht vereinbar ist“ (ebd.). Eine Umsetzung des genannten Handlungstextes würde eine Verpflichtung auf eine neue Form von Leitung darstellen, die „nicht nur die sakramentale Struktur der Kirche untergräbt, sondern vor allem das Bischofsamt nachhaltig schädigt“ (ebd.).
Text: Domkapitular Prof. Dr. Josef Kreiml, Ansprechpartner für den Synodalen Weg im Bistum Regensburg